Arbeitsrecht: Erstaunliche Rechtsirrtümer! „Im Bewerbungsgespräch muss ich immer die Wahrheit sagen!“

Diese Aussage ist nicht richtig.

Bewerber müssen grundsätzlich die zulässigen Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Zulässig sind u.a. Fragen nach der Ausbildung, dem beruflichen Werdegang, nach Sprachkenntnissen, dem Aufenthaltstitel sowie Wettbewerbsverboten. Eine wahrheitswidrige Antwort ermöglicht dem späteren Arbeitgeber die Anfechtung des Arbeitsvertrages, sodass der Vertrag von Anfang an als nichtig betrachtet wird.

Auf unzulässige Fragen dürfen Bewerber allerdings lügen. Unzulässig sind etwa Fragen nach der Familienplanung, der Religion, der Behinderung oder einer Gewerkschaftszugehörigkeit. Bezüglich solcher unzulässigen Fragen hat der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse, sodass der Bewerber auch keine Pflicht zur Offenlegung hat.

Auch die Frage nach der Schwangerschaft ist grundsätzlich unzulässig. Das gilt selbst dann, wenn die schwangere Bewerberin bereits ein Beschäftigungsverbot erhalten hat. Arbeitgeber/innen können in diesem Fall den Arbeitsvertrag nicht wegen arglistiger Täuschung anfechten (BAG, Urt. 06.02.2003, AZ. 2 AZR 621/01).

Oliver Sonntag
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht