Arbeitsrecht: Erstaunliche Rechtsirrtümer! „Ich habe sofort Kündigungsschutz, wenn im Arbeitsvertrag keine Probezeit vereinbart ist!“

Diese Aussage ist falsch!

Es gibt Arbeitsverträge, in denen eine Probezeit von 3 Monaten bzw. überhaupt keine Probezeit vereinbart wird. Dann nehmen Arbeitnehmer:innen an, dass sie nach 3 Monaten bzw. sofort Kündigungsschutz genießen würden.

Falsch! Zwei verschiedene Fristen sind zu unterscheiden: Die Frist der Probezeit und die Wartezeit zur Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes.

Die Arbeitsvertragsparteien können vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis anstelle der gesetzlich möglichen Probezeit von 6 Monaten lediglich 3 Monate beträgt oder sie können komplett auf eine Probezeit verzichten. Die Probezeit nach § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) regelt nur die Frage, mit welcher Frist gekündigt werden darf. Innerhalb der Probezeit gelten üblicherweise kürzere Kündigungsfristen.

Auf das Kündigungsschutzgesetz können sich aber Arbeitnehmer:innen erst berufen, dessen Arbeitsverhältnis bei Ausspruch der Kündigung in demselben Betrieb ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden hat.

Also greift der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz erst nach 6 Monaten, unabhängig ob oder wie lange eine Probezeit vereinbart wurde. Es ist also Zufall, dass die höchstmögliche Probezeit 6 Monate betragen darf und das Kündigungsschutzgesetz auch erst nach 6 Monaten gilt.

Oliver Sonntag
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht