Der EuGH hat die Rechte von Leiharbeitnehmerin gestärkt und die Frage beantwortet, ob bei der Berechnung von Arbeitszeit, die zu einem Mehrarbeitszuschlag berechtigt, auch der im selben Monat genommene Urlaub hinzugerechnet werden darf.
Der Kläger war als Leiharbeitnehmer bei der beklagten Koch Personaldienstleistungen beschäftigt und machte für August 2017 einen Mehrarbeitszuschlag für 22,45 Stunden geltend. Laut anwendbarem Manteltarifvertrag für Zeitarbeit wird für Zeiten, die in Monaten mit 23 Arbeitstagen über 184 geleistete Stunden hinausgehen, ein Mehrarbeitszuschlag von 25 % gezahlt. Der Kläger hatte von den 23 Arbeitstagen im August 2017 während der ersten 13 Tage 121,75 Stunden gearbeitet und für die verbleibenden 10 Tage bezahlten Jahresurlaub von 84,7 Arbeitsstunden genommen, sodass er insgesamt auf 206,45 Stunden, mithin 22,45 Stunden mit Mehrarbeitszuschlag kam.
Im Manteltarifvertrag für Zeitarbeit ist vorgesehen, dass Urlaubszeiten bei der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen bei der Arbeitszeit nicht mitberücksichtigt werden. Das Bundesarbeitsgericht hatte Zweifel, ob diese Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist und hat den Fall dem EuGH vorgelegt.
Der EuGH hat mit Urteil vom 13.01.2022, Az.: C-514/20, dem klagenden Leiharbeitnehmer Recht gegeben.
Bezahlter Jahresurlaub sei ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union. Die tarifvertragliche Regelung sei dazu geeignet, den Arbeitnehmer davon abzuhalten, in dem Monat, in dem er Überstunden erbracht habe, von seinem Recht auf bezahlten Jahresurlaub Gebrauch zu machen. Jede Praxis oder Unterlassung eines Arbeitgebers, die den Arbeitnehmer davon abhalten könne, seinen Jahresurlaub zu nehmen, verstoße aber gegen das Recht auf bezahlten Jahresurlaub, so der EuGH. Kurz gesagt ist die tarifvertragliche Regelung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar.
Oliver Sonntag
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht