Der Ausspruch einer Kündigung zieht häufig ein Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht nach sich. Arbeitgeber und Arbeitnehmer streiten dann um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
Falls sich die Kündigung vor Gericht als unwirksam herausstellt, tragen Arbeitgeber auch das Risiko, den gekündigten Arbeitnehmer dann weiterbeschäftigen und nachzahlen zu müssen. Denn der Arbeitgeber hat rückwirkend für die Zeit zwischen Ablauf der Kündigungsfrist und der Gerichtsentscheidung das übliche Gehalt als Annahmeverzugslohn zu zahlen.
Dieses Risiko wiegt sehr schwer und motiviert Arbeitgeber oft zum Abschluss eines Vergleichs mit überhöhter Abfindung, um dem Annahmeverzugslohn-Risiko zu entgehen.
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber den Annahmeverzugslohn mindern, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitraum entweder eine Vergütung aus einer anderen Beschäftigung tatsächlich erzielt oder wenn er dies böswillig unterlassen hat. Es ist bisher allerdings fast unmöglich für Arbeitgeber gewesen, Arbeitnehmern ein „böswilliges Unterlassen“ nachzuweisen.
Abhilfe schafft nunmehr das Bundesarbeitsgericht. Unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung gibt es den Arbeitgebern aktuell einen Auskunftsanspruch an die Hand. Arbeitnehmer müssen dem Arbeitgeber Auskunft erteilen über Vermittlungsvorschläge der Arbeitsagentur oder des Jobcenters unter Bekanntgabe von Tätigkeit, Arbeitsort und Vergütung.
Arbeitgebern ist also zu empfehlen, gegenüber gekündigten Arbeitnehmern nach Ablauf der Kündigungsfrist regelmäßig zur Auskunft über anderweitigen Erwerb und Vermittlungsvorschläge aufzufordern.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.5.2020, 5 AZR 387/19
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Thüringen, Urteil vom 02.07.2019, 1 Sa 369/17
Oliver Sonntag
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht