Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 23.07.2015 (6 AZR 457/14) eine Kündigung beurteilt, die im Kleinbetrieb ausgesprochen wurde und altersdiskriminierend ist. Im Kleinbetrieb (es werden zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt) gilt zwar das Kündigungsschutzgesetz nicht. Allerdings kann ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot wegen Alters nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zur Unwirksamkeit einer Kündigung auch in einem Kleinbetrieb führen.
Der Fall: Die 1950 geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis seit Dezember 1991 als Arzthelferin beschäftigt. Sie wurde zuletzt im Labor neben vier jüngeren Kolleginnen eingesetzt. Die Arbeitgeberseite kündigte das Arbeitverhältnis wegen Umstrukturierungen in der Arztpraxis und formulierte, dass die Klägerin „inzwischen pensionsberechtigt“ sei.Den vier weiteren Kolleginnen wurde nicht gekündigt. Die Klägerin erhebt Kündigungsschutzklage und begehrt eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Die beklagte Arztpraxis meint, die Kündigung sei lediglich freundlich und verbindlich formuliert worden und begründet die Kündigung wegen eines zu erwartenden Wegfalls abrechenbarer Laborleistungen von bis zu 80 %. Zudem sei die Klägerin schlechter qualifiziert als die anderen Arzthelferinnen.
Die Entscheidung: Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht folgten der Ansicht der Arztpraxis und wiesen die Klage ab. Nach Ansicht des BAG ist die Kündigung unwirksam. Denn die beklagte Arztpraxis hat das Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf die „Pensionsberechtigung“ der Klägerin gekündigt. Dadurch ist zu vermuten, dass die Kündigung aufgrund des Alters der Klägerin ausgesprochen wurde und hierdurch eine Altersdiskriminierung erfolge. Diese Vermutung konnte die Arbeitgeberseite nicht widerlegen.
Fazit: Grundsätzlich gilt: Wegen altersbedingten Rentenanspruchs kann nur der Arbeitnehmer das Arbeitverhältnis kündigen, nicht aber der Arbeitgeber!
Oliver Sonntag
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht